Die Biber waren die Wächter des kleinen Baches im Sommerwäldchen nahe der großen Stadt und hatten zur Festigung ihrer Macht einen Damm aus stabilen Hölzern errichtet. Über einen Steg auf dem Damm mussten die Tiere des Waldes den Fluss passieren und dafür jedes Mal eine kleine Gebühr in Naturalien entrichten.
Am heutigen Tag schien es besonders einträglich zu werden, denn die Eichhörnchen sammelten wie jeden Mittwoch ihre geliebten Nüsse auf und da klingelte die Kasse bei den Bibern. Legard war der Chef der Biber, er war dick und saß auf seinen Thron in einem ausgehöhlten Baumstumpf und beobachtete von dort aus jeden Tag wie sich die Naturalienkasse füllte. Sein engster Berater Julius war zugleich auch der Hauptkassierer am Damm und wartete auf die Eichhörnchen.
Das feuerrote Eichhörnchen Feuerfell kundschaftete die Lage am Damm aus, denn sie mochten nicht gerne die Hälfte ihre gesammelten Nüsse dem fetten Legard überlassen und planten schon seit langer Zeit einen Angriff.
„Da wartet Julius schon gierig auf unsere mühsam gesammelten Nüsse!“, dachte sich Feuerfell und sah wie Julius den Befehl gab beide Dammseiten strengstens zu bewachen, damit ja kein Waldtier ohne Zahlung den Damm passierte.
Nach der kurzen Peilung der Lage flitzte Feuerfell zurück in den Wald zu seiner Gruppe, um sich mit seinen Freunden zu beratschlagen. Seine Freunde saßen um einen großen Schieferstein und horchten den Worten Feuerfells.
„Liebe Freunde, der fette Legard wartet nur darauf dass wir ihm die Hälfte unserer mühsam gesammelten Haselnüsse überlassen aber ich habe einen guten Plan“, begrüßte Feuerfell seine neunzehn Freunde.
„Sprich. Wir hören!“, forderte Jeremiah, der engste Berater von Feuerfell.
„Wir sollten ein paar Dutzend Nüsse in Sekt tränken, damit Legard und seine Kumpane davon einschlafen und dann den Damm zerstören!“, schlug Feuerfell fröhlich gestimmt vor und bekam einen zustimmenden Applaus.
„Den Sekt bekommen wir vom kleinen Getränkeladen nicht weit von hier“, sagte Benny, ein Eichhörnchen, welches den Wald und die Gegend darum auswendig kannte.
„Okay, dann machen wir uns mal auf den Weg und stehlen eine Flasche.“, schlug Feuerfell vor und Benny führte ihn mit vier weiteren Eichhörnchen zu einem kleinen Getränkeladen. Dort angekommen teilten sich die Eichhörnchen in zwei Gruppen auf und suchten einen Zugang zum Lager des Ladens.
Benny pfiff auf einmal seine drei Freunde her und zeigte mit seiner Pfote auf einen großem Riss in der weißen Holztür hinter dem Getränkeladen. Die vier Eichhörnchen flitzten durch den Riss und fanden sich nun in einem Lager mit Tausenden Flaschen wieder. Benny fand als erster die Sektflaschen und wie es der Zufall wollte, standen diese auf einer Holzpalette am Fliesenboden. Gemeinsam schleppten sie die Flasche Sekt mit aller Kraft zurück zu ihren Versammlungsort im kleinen Wäldchen.
Dort buddelten alle zwanzig Eichhörnchen in einem Team ein großes Erdloch, warfen ein paar Dutzend ihrer leckersten Haselnüsse dort hinein und gossen anschließend die komplette Sektflasche darüber. Die Haselnüsse saugten sich mit dem Sekt voll, legten diese dann zu einem kleinen Haufen zusammen.
„Jetzt lassen wir die Haselnüsse für zwei Stunden gären und mengen sie dann den normalen Nüssen unter.“, sagte Feuerfell während seine Freunde Steinchen für die Zerstörung des Damms sammelten. Benny baute aus Ästen und Grashalmen ein Katapult zusammen womit die Steinchen dann zum Damm geschossen werden sollten.
Die zwei Stunden vergingen wie im Fluge und die Biber warteten schon ungeduldig auf die Haselnüsse der Eichhörnchen.
„Die Eichhörnchen lassen sich aber heute Zeit…“, meckerte Legard und knabberte drei Haselnüsse zugleich.
„Wenn du weiter so schnell isst, kommen die Eichhörnchen kaum mit dem Nachschub nach!“, kommentierte Julius gehässig und genoss ebenfalls eine Nuss.
Julius schaute sich um und sah wie endlich die Eichhörnchen mit Haselnüssen im Schlepptau sich auf den Weg zum Damm machten.
„Hey Legard, du kannst dir gleich den Bauch wieder voll schlagen. Der Nachschub kommt dort!“, wies Julius seinen Chef darauf hin und zeigte auf die Eichhörnchen.
Mit ihren kleinen Holzkarren im Schlepptau kamen sechs Eichhörnchen zum Damm und wurden von Julius freudestrahlend empfangen.
„Dann kippt mal schön die Hälfte eurer Ladung vor Legard!“, befahl Julius und die Eichhörnchen kippten ihre halbe Ladung mühsam gesammelter Haselnüsse vor Legard´s Thron in seiner Baumhöhle.
„Prima, einfach wunderbar.“, lächelte Legard, nahm sich eine der frischen Haselnüsse und biss herzhaft hinein.
„Lecker!“, sprach Legard und stieß dabei auf.
Die Eichhörnchen zogen danach ihre halbleeren Karren über den Damm zur anderen Seite und kamen nach einer kurzen Weile wieder. Feuerfell beobachtete mit Benny und seinen neunzehn Freunden die Biber, welche sich auf die Haselnüsse stürzten und mit jeder Nuss immer müder wurden. Viele Stunden vergingen, denn Legard war als langsamer Esser bekannt während seine zwei Kumpel die Haselnüsse nur so herunterschlangen.
Am späten Abend endlich waren alle drei Biber eingeschlafen und dass war das Signal für den Angriff auf den Damm. Benny schob mit drei Kumpels das Katapult und die Munition in Form von kleinen Steinen und Tannenzapfen nahe zum Damm aber außer Sichtweite der Biber hinter einem großen Ast.
„Spannt das Katapult und zielt genau!“, bat Benny und legte einen spitzen Stein in die hölzerne Schleuderpfanne. Mit der rechten Pfote gab Benny den Feuerbefehl und der spitze Stein flog in einem hohen Bogen zum Damm aber landete weniger Zentimeter vor im Wasser.
„Nochmal!!“, schrie Benny und legte gleich zwei Steine in die Schleuderpfanne.
„Ein paar Zentimeter nach rechts und die Spannung erhöhen!“, riet Benny und drückte mit seiner Pfote auf den kleinen Hebel. Die zwei Steine flogen in einem flacheren Winkel und trafen den Damm in der Mitte. Das Holz splitterte unter der Wucht des Einschlags aber der Damm hielt noch.
„Kommt noch einmal!“, befahl Benny und gemeinsam mit seinen zwei Kumpels hievte er einen schweren spitzen Schieferstein in die Schleuderpfanne. Das Katapult wurde sehr stark gespannt und mit einem gewaltigen Schlag traf der spitze Schieferstein den Damm schwer. Der hölzerne Stützpfeiler zersplitterte heftig und ließ den Damm in sich zusammenbrechen. Das gestaute Wasser des Bachs schoss hervor und überschwemmte das steinerne Bachbett, worauf die Eichhörnchen zurückwichen und sich riesig freuten.
Die drei Biber wachten weniger erfreut aber mit einem dicken Brummschädel auf und ärgerten sich über den zerstörten Damm. Ihre Herrschaft war vorbei aber trotz dieser Niederlage zog Legard mit seinen drei Kollegen in den nächsten Wald.
© 2005/2011 by Andreas Krämer